Schlauchlinereinbau in Bremen

Geht nicht gibt’s nicht

Im Auftrag der hanseWasser Bremen GmbH wurden im Zeitraum zwischen Mai 2018 und Januar 2019 die drei Kanalabschnitte rund um das Pumpwerk Horn im Bremer Stadtteil Horn-Lehe mittels Schlauchlining-Verfahren grabenlos saniert.

Beim Einbau eines wärmehärtenden Synthesefaserliners in der Achterstraße vor dem Pumpwerk hatte die bauausführende Aarsleff Rohrsanierung GmbH (ARS) in Bezug auf die technischen und logistischen Anforderungen, die Lage der Baumaßnahme unter Berücksichtigung des sehr detaillierten Verkehrssicherungskonzepts, hoch komplexe Rahmenbedingungen zu meistern.

Schwierige Ausgangssituation

Im Vorlesungszeitraum passieren täglich hunderte von Studierenden das Wohngebiet rund um die Achterstraße und die Straße Am Herzogenkamp auf dem Weg zur nahe gelegenen Universität im Herzen des Technologieparks in Bremen-Horn: mit dem PKW, vielfach mit dem Fahrrad oder mit den verschiedenen Buslinien. In der Nacht schlängelt sich Schwerlastverkehr über die Achterstraße in Richtung BAB 27, vorbei am Recyclinghof ENO sowie an der hoch frequentierten Bahnstrecke Bremen-Hamburg. Von einem wichtigen Verkehrsknotenpunkt im Umfeld des Pumpwerks Horn zu sprechen ist oberirdisch kaum übertrieben und unterirdisch noch viel weniger. Denn über die drei Zuleitungen zum Pumpwerk Horn kommt etwa ein Drittel des Abwassers der rechten Weserseite an. Darunter die Abfl üsse aus dem Mischsystem Horn, Teilen von Radio Bremen/Riensberg und Sebaldsbrück sowie der Schmutzwasserkanalisation Hemelingen, Neue Vahr und der Gartenstadt.

Akuter Handlungsbedarf

Der Zulauf von der Achterstraße zum Pumpwerk Horn sowie der Sammler in der Achterstraße bis zur Riensberger Straße und der unterhalb der Bahnstrecke Bremen – Hamburg gelegene Leitungsabschnitt bis zur Straße Am Herzogenkamp stammen aus den Jahren 1930 bis 1969. Sichtbare Schäden wie Fugenkorrosion und Undichtigkeiten bei den gemauerten Eiprofi len DN 1600/1900, DN 1360/1600 und DN 1700/2000 erwiesen sich als so gravierend, dass Sanierungsmaßnahmen dringend erforderlich waren. „Das Kanalnetz der Hansestadt Bremen wird turnusgemäß befahren, um eine adäquate Schadensbewertung vorzunehmen und konkreten Handlungsbedarf zu identifi zieren“, so Frank Blanke, Projektleiter der Baumaßnahme Zulauf PW Horn. Nach Auftragsvergabe im März 2018 wurde zwischen Mai und August zunächst das Eiprofi l 1360/1600 mit einer Länge von 60 m im Bereich der Straße Am Herzogenkamp zum Zusammenführungsbauwerk in der Achterstraße mittels Synthesefaserliner saniert. Nach Fertigstellung dieser Haltung konnte die Vollsperrung „Am Herzogenkamp“ aufgehoben werden und eine Vollsperrung in der Achterstraße eingerichtet werden. Dieses Verkehrssicherungskonzept wurde mit den Bremer Behörden so abgesprochen, um während der gesamten Dauer der Baumaßnahme einen, wenn auch eingeschränkten, Verkehrsfl uss zu garantieren. Dafür wechselte ARS Mitte August in die Achterstraße, wo das schadhafte Eiprofi l DN 1620/1900 mit einer Länge von 260 m in zwei Abschnitten bis zum Zusammenführungsbauwerk saniert wurde. „Der noch verbleibende dritte Bauabschnitt Achterstraße liegt direkt vor dem Pumpwerk Horn. Wegen seiner Förderleistung von bis zu 2300 l/s müssen wir hier mit extrem hohen Wasserschwankungen rechnen. Aufgrund der Wasserstände und der Fließgeschwindigkeit war es nicht möglich, im Vorfeld der Renovierung eine TV Befahrung durchzuführen.“, so Frank Blanke. Daher wurde der betreffende Abschnitt von Spezialtauchern der Firma Wittmann aus Hamburg untersucht, die die genannten Schadensbilder ermittelten.

Synthesefaser-Schlauchliner erste Wahl

Auf Grundlage der so gewonnenen Dokumentation sowie einer von der ingutis Ingenieurgesellschaft für Umwelttechnik vorgenommenen Begehung des Sammlerabschnitts „Überlaufbauwerk“ in der Achterstraße entschied sich hanseWasser als Auftraggeberin der Baumaßnahme für eine Sanierung des Eiprofi ls DN 1700/2000 auf einer Länge von 100 m mittels wärmehärtendem Synthesefaser-Schlauchliner. Hierin sahen alle Beteiligten die beste Sanierungslösung aufgrund der großen Dimension des Sammlers, der Lage im Grundwasser, der porösen Fugen des Altrohres mit Grundwassereindrang sowie der Bogengängigkeit des Bauwerks. „Eine Vorabdichtung bei drückendem Grundwasser ist beim Aarsleff -Schlauchlining-Verfahren in der Regel nicht notwendig“, so Oliver Backhausen, verantwortlicher Bauleiter bei Aarsleff . „Darüber hinaus konnte die Vorhaltezeit der Vorflutsicherung durch die systembedingt kurze Bauzeit im Rahmen der Schlauchlinersanierung auf ein Minimum reduziert werden.“, erläutert er weitere Vorteile des Sanierungsverfahrens.

Aufwändige Vorflut

Mit Fördermengen von bis zu 2 x 800 l/s Am Herzogenkamp und 1 x 1400 l/s in der Achterstraße war während der gesamten Bauphase eine umfangreiche Vorfl utsicherung erforderlich. Diese war eine wesentliche Grundlage der Planung sowie der Ausschreibung der gesamten Baumaßnahme. Hierfür wurden beide Zulaufsammler in der Achterstraße und Am Herzogenkamp geöff net und provisorische Pumpenvorlagen errichtet, um über Pumpwerke mit oberirdisch verlegten Leitungen die Vorfl ut bis zum PW Horn zu verlegen. Zusätzlich erschwerend kam hinzu, dass sich die Baumaßnahme an einer Stelle im Bremer Netz befi ndet, an der sich genehmigte Notüberläufe befi nden, um im Fall von Starkregenereignissen Entlastung zu schaff en. Während der Sanierungsphase von drei bis fünf Tagen standen diese Notüberläufe nicht mehr zur Verfügung. Deshalb mussten temporäre Notüberläufe eingebaut werden, um Überfl utungen vorzubeugen, falls während des Linereinbaus Starkregen aufgetreten wäre. Für diesen Fall wurden Sondergenehmigungen erteilt, um direkt in die Kleine Wümme, den linken Zufl uss der Wümme in Bremen, einleiten zu können.

Viel Verkehr im Umfeld

Aufgrund der vielen neuralgischen Punkte mit Uni, Bahn, Buslinie, Recycling- Hof war die Verkehrsplanung rund um die Baustelle besonders anspruchsvoll. „Das komplexe Verkehrskonzept mit den Einzelsperrungen der verschiedenen Zufahrtswege wurde schon ein Jahr im Vorfeld der Baumaßnahme mit den verantwortlichen Behörden koordiniert. So mussten gemäß einer Forderung des Bausenators alle 27 Teilabschnitte genau aufeinander abgestimmt, detailliert durchgesprochen und im Einzelnen genehmigt werden.“, erläutert Arne Schmüser, Funktionsbereichsleiter Ingenieurdienste Netz bei hanseWasser, die komplexen Rahmenbedingungen der Kanalsanierungsmaßnahmen. Die hanseWasser hat mit einem beauftragten Verkehrsplaner das Verkehrskonzept aufgestellt und mit den zuständigen Behörden abgestimmt.

Leistungsstarke Logistik und Bauausführung

Bevor der Synthesefaserliner termingerecht im Oktober just in time auf der Baustelle in Bremen angeliefert werden konnte, galt es zuvor umfängliche logistische Herausforderungen zu bewerkstelligen, die im Zusammenhang mit der Produktion von Großlinern dieser Dimensionen zu berücksichtigen sind. So müssen 4 bis 6 Wochen für die Materialbestellung von Linern der Größenordnung wie dem DN 1700/2000 eingeplant werden. Für den Prozess der Imprägnierung des 34 t schweren Kolosses sind erneut rund vier Tage Vorbereitung erforderlich, um das Band im Aarsleff -Kompetenzzentrum in Geschwenda einzurichten und auf die individuelle Beschaff enheit des Liners abzustimmen. Ist der rund 12 Stunden andauernde Imprägnierprozess des Synthesefaserliners mit Epoxidharz einmal angelaufen, sodarf es zu keiner Unterbrechung des Vorgangs kommen. Danach kann der Liner auf Eis gelegt und auf LKW verladen werden. Dies erfordert jeden Zentimeter Platz in Geschwenda. Folglich müssen während der Imprägnier- und Verladephase solcher großen Liner alle anderen Bänder im Werk stillstehen. Doch damit nicht genug der intensiven Vorbereitung. Der auf 2 Nächte angelegte Schwertransport in Richtung Norden musste bereits 8 Wochen vor Abfahrt vonseiten ARS bis ins Detail jedes Straßenabschnittes genau geplant werden. Nachdem alle behördlichen Genehmigungen vorlagen, hatte der rund 140 t schwere Spezial-Transporter in dem minutiös durchgetakteten nächtlichen Schwerlast-Aufkommen der Hansestadt Bremen nur ein sehr enges Zeitfenster, um seine 70 t schwerere Ladung von Eis und Schlauchliner pünktlich auf der Baustelle anzuliefern. Als Notfall-Backup hatte Aarsleff sogar einen Eislieferant in Bremerhaven kontaktiert, um bei eventuellen Transportverzögerungen eine kontinuierliche kühle Lagerung zu gewährleisten. Auf diesen Notfallplan musste jedoch nicht zurückgegriff en werden.

Nachdem diese Hürden genommen waren, stand einem termingerechten Einbau in der 41. KW nichts mehr im Weg. Nach Einzug des Preliners wurde der Schlauchliner in die schadhafte Haltung inversiert, konstant mit Druck beaufschlagt, bis eine formschlüssige Auskleidung des Rohres hergestellt und kontrolliert mit Wasser zum fertigen „Rohr-im-Rohr“ ausgehärtet war. Eine Kontrolle der Aushärtung erfolgte dabei kontinuierlich über Messfühler im Liner. Nach Aushärtung und Abkühlung des Schlauchliners wurden alle Schächte im Sanierungsbereich aufgeschnitten und alle Zuläufe wieder fachgerecht einlaminiert.

Ein starkes Team

Die Sanierungsarbeiten rund um das Pumpwerk Horn konnten in Bezug auf alle vordefi nierten Qualitätsanforderungen zur vollsten Zufriedenheit aller beteiligten Baupartner abgeschlossen werden. „Eine wesentliche Voraussetzung für den reibungslosen Ablauf der gesamten Baumaßnahme war die sehr eng aufeinander abgestimmte Zusammenarbeit“, lobt Oliver Backhausen die sehr gute Kooperation. Die aktuellen Arbeiten im Ortsteil Bremen Horn-Lehe waren nicht die erste Baumaßnahme der ARS in Bremen. Es wurden bereits eine Vielzahl erfolgreicher Projekte im Stadtgebiet Bremen durchgeführt, hanseWasser plant auch in den kommenden Jahren weitere Sanierungsmaßnahmen dieser Größenordnung umzusetzen.

unterstes Bild: Das Team: (vo.li.):

Arne Schmüser,hanseWasser Wasser Bremen GmbH, Ingenieurdienste Netz,
Frank Blanke, hanseWasser Bremen GmbH, Ingenieurdienste Netz
und Oliver Backhausen, verantwortlicherBauleiter bei der Aarsleff Rohrsanierung GmbH.

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