Sanierungen von Kanälen mit Sonderquerschnitten stellen die Beteiligten oft vor besondere Herausforderungen. Umso wichtiger ist es, das für den konkreten Anwendungsfall optimale Verfahren zu finden und entsprechend umzusetzen. Dabei spielt das eingesetzte Produkt eine entscheidende Rolle. Nur wenn dieses den geforderten Parametern hinsichtlich Planung und Materialqualität entspricht, ist der Grundstein für eine erfolgreiche Umsetzung der Sanierungsmaßnahme gelegt. Weitere wichtige Komponenten sind ein detailliertes Konzept, das gute Zusammenspiel zwischen Auftraggeber, Planer und Auftragnehmer sowie die fachgerechte Umsetzung der Sanierung: Wie ergebnisorientiert und erfolgreich das verlaufen kann, zeigte die professionelle Zusammenarbeit zwischen dem Tiefbauamt Filderstadt, dem Ingenieurbüro ISAS GmbH, Füssen, und der Aarsleff Rohrsanierung GmbH, Niederlassung Stuttgart, bei der Sanierung eines in den 1930er Jahren errichteten Mischwassersammlers im Filderstädter Stadtteil Bernhausen. Zurückzuführen war das insbesondere auf die präzise Konzeption der Maßnahme inklusive Abwägung unterschiedlicher Sanierungsverfahren durch ISAS, das auf 30 Jahre Erfahrung auf dem Fachgebiet der offenen und geschlossenen Kanalsanierung zurückgreifen kann – gepaart mit Aarsleffs einzigartigem Know-how aus unzähligen Projekten verschiedenster Geometrien und spezieller Randbedingungen. Und last but not least: Die Qualität der eingesetzten GFK-Rohre für das Einzelrohrlining, die von der FRP-Prolining GmbH aus Neubrandenburg passgenau gefertigt, kalibriert, geprüft und just in time auf die Baustelle geliefert wurden. So konnte die bestehende Kanalstruktur hinsichtlich statischer Tragfähigkeit, Betriebssicherheit und Funktionsfähigkeit durch eine Substanzsicherung bzw. Substanzverbesserung auf einer Länge von 396 Metern ertüchtigt werden.
Genauigkeit war gefragt
Im Rahmen der Eigenkontrollverordnung waren bei der Befahrung des Mischwassersammlers in der Oberen Bachstraße erhebliche Schäden festgestellt worden, die das Tiefbauamt Filderstadt zunächst veranlasste, den Kanal durch einen Statiker näher begutachten zu lassen. Bei dieser Untersuchung stellte sich heraus, dass die Standsicherheit des Kanals nicht mehr vollumfänglich gegeben und eine Sanierung somit dringend erforderlich war. Mit dem Ingenieurbüro ISAS fand das Tiefbauamt einen kompetenten Partner, um verschiedene Varianten der Kanalsanierung zu betrachten und unter den gegebenen hydraulischen Randbedingungen zu prüfen. „Eine Maßgabe war – mit Blick auf immer stärkere Niederschlagsereignisse – den Kanalquerschnitt möglichst wenig zu verkleinern, um die notwendige hydraulische Leistungsfähigkeit zu erhalten“, erläutert Dipl.-Ing. (FH) Steffen Schall, Projektverantwortlicher von der Abteilung Stadtentwässerung beim Tiefbauamt Filderstadt, eine der Herausforderungen bei der Sanierung. Gleichzeitig wurde ein Verfahren gesucht, welches die statische Tragfähigkeit des Kanals wieder vollständig herstellt. „Eine Erneuerung des Kanals in offener Bauweise konnten wir schnell als Sanierungsmöglichkeit ausschließen. Nicht nur, dass die Straße rund ein Jahr für den gesamten Verkehr gesperrt wäre, auch die vielen kreuzenden Leitungen waren problematisch“, so Dipl.-Ing. Sebastian Brunner, ISAS GmbH, der für Planung, Bauüberwachung und Oberbauleitung in Filderstadt verantwortlich war. So fiel die Wahl nach einer ausführlichen hydraulischen Berechnung auf das Einzelrohrverfahren mit GFK-Rohren. Mit einer entscheidenden Bedingung: Der sonst bei dem Einzelrohrlining übliche Ringraum von etwa fünf Zentimetern wurde auf ein Minimum reduziert und lag teilweise nur bei zwei Zentimetern. „Daher mussten die GFK-Rohre exakt gefertigt werden und durften in der Außengeometrie keine Abweichungen von dem geforderten Querschnitt aufweisen“, führt Aarsleff-Bauleiter Dipl.-Ing. Peter Prossliner die speziellen Anforderungen aus.
Genormter Querschnitt? – Fehlanzeige
Bis die benötigten Rohrquerschnitte feststanden, war es laut Prossliner ein planungsintensiver Weg. Denn der fast einhundert Jahre alte Mischwassersammler besitzt keinen genormten Querschnitt. Natursteinsohle aus Bruchsteinen gemauert, die Seitenwände aus unbewehrtem Ortbeton und mit einer bewehrten Deckenplatte verschlossen, so wurde der damalige Katzenbach in den 1930er Jahren verdolt und zum Mischwassersammler umfunktioniert. Später erfolgte die Umlegung des Katzenbachs in eine separate Rohrleitung. Über die Jahre wuchs die Bebauung im Einzugsbereich des Sammlers stetig – Filderstadt liegt in der Nähe von Stuttgart –, sodass dieser heute mitten in einem dicht bebauten Wohngebiet liegt. „Um den genauen Querschnitt des Kanals zu erfassen, haben wir auf Anraten von ISAS vorab eine 3D-Vermessung vornehmen lassen. Dabei kam heraus, dass der Kanal in drei idealisierte Rechteckprofile eingeteilt werden konnte, von denen sich zwei in den Abmessungen nur marginal unterschieden“, so Schall. Auf einer Länge von rund 215 Metern verläuft der Mischwassersammler mit einem Rechteckprofil 1320/1500 mm; die weiteren 150 Meter verfügen über einen Rechteckquerschnitt 1620/1600 mm. Dieser vergrößert sich auf den letzten knapp 24 Metern der Sanierungsstrecke auf 1620/1700 mm. Auf Grundlage dieser Vermessungsergebnisse legten die Beteiligten dann zwei Eiprofil-Querschnitte – 916/1290 mm mit einer Wanddicke 28 mm und 1260/1415 mm mit einer Wanddicke von 35 mm – für die Sanierung mit den GFK-Rohren fest. Bei diesem Prozess wurde FRP-Prolining bereits eng in die Abstimmung eingebunden. Das Ergebnis war ein detaillierter Rohrverlegeplan, der die Dimensionen der einzelnen Rohre und die Reihenfolge des Einbaus exakt definierte. Die Rohrlängen variierten zwischen einem Meter für Bogenabschnitte und drei Metern für gerade Teilstücke. Darüber hinaus wurde für die Sanierung von FRP-Prolining auch ein GFK-Schacht im Werk vorgefertigt.
Höchste Anforderungen an die Geometrie
Um zu überprüfen, ob sich die Theorie auch vor Ort in die Praxis umsetzen lässt, stellte FRP-Prolining den Kanalsanierern von Aarsleff Holzmodelle der beiden Eiprofil-Querschnitte zur Verfügung. „Mit diesen haben wir dann den Kanal überprüft. Dabei ergab sich, dass wir für den Einbau innerhalb eines Bogens etwas vom Altkanal wegstemmen mussten, was aber aus statischer Sicht unproblematisch war. Alles andere passte auf Anhieb“, ergänzt Prossliner. Rund zwei Wochen später konnten die Querschnitte dann in Abstimmung mit Auftraggeber und Planer final freigegeben werden. Das war gleichzeitig der Startschuss für die Rohrproduktion in Neubrandenburg. Die Herstellung der GFK-Sonderprofilrohre erfolgte im Wickelverfahren. Hierbei rotiert eine Wickelform um ihre Längsachse, währenddessen die Glasfasern unter Zugabe eines Harzes lagenweise aufgewickelt werden. Der Unterschied zur Herstellung kreisrunder Rohre besteht darin, dass der Abstand der Rohrwand zur Drehachse immer unterschiedlich ist. Damit bei den Eiprofilen eine möglichst gleichmäßige Wanddicke entsteht, wird während der Produktion die Materialzufuhr und die Rotationsgeschwindigkeit gesteuert. „Dennoch kann es bei nichtkreisrunden Rohren zu Toleranzbereichen hinsichtlich der Wanddicke kommen“, erklärt FRP-Prolining Geschäftsführer Dipl.-Ing. Wilfried Sieweke. Und er ergänzt: „Bei diesem Projekt kam nun erschwerend hinzu, dass es aufgrund des knapp bemessenen Ringraums erhöhte Anforderungen bezüglich der Außengeometrie der Rohre gab. Daher haben wir vorgeschlagen, neben einer Wanddickenprüfung mittels Bügelmesszange jedes einzelne Rohr auch mithilfe einer extra aus Aluminium angefertigten Überschubschablone zu prüfen. Diese haben wir dann über jedes Rohr geführt und sichergestellt, dass die enge Toleranz an keiner Stelle der Rohre überschritten wurde.“
Qualität, die überzeugt
„Je genauer die Rohre im Werk gefertigt werden, umso mehr können die Aufwände beim Einbau auf der Baustelle minimiert werden“, so Sieweke. Zusätzlich sind die Rohre hinsichtlich ihrer Qualität im Rahmen unserer Eigenüberwachung fremdgeprüft. Ziel von FRP-Prolining sei es, die Projektbeteiligten immer bestmöglich zu unterstützen. „Ein transparenter Umgang mit dem Bauherrn und dem ausführenden Bauunternehmen ist uns sehr wichtig“, betont Sieweke, der über 25 Jahre Erfahrungen in Herstellung und Vertrieb von GFK-Rohrsystemen hat. „Das schafft eine gute Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit und ist ein wichtiger Baustein unserer Unternehmensphilosophie.“
Die FRP-Prolining GmbH wurde Ende 2019 gegründet und hat sich bereits am deutschen Markt etabliert. Neben umfangreichem Know-how haben insbesondere ausgezeichnete Branchenkenntnisse dazu beigetragen. „Wir bieten qualitativ hochwertige Produkte und sind ein verlässlicher Servicepartner für alle Bauunternehmen, die mit unseren Produkten sanieren. Die Kunden profitieren von der intensiven Projektberatung und -vorplanung, was sich durchaus in wirtschaftlichen und zeitlichen Einsparpotentialen widerspiegelt“, erklärt Sieweke. Zum aktuellen Portfolio von FRP-Prolining zählt die Herstellung von GFK-Rohren nichtkreisrunder Profile sowie Formteile, Platten und Schachtsanierungszubehör aus glasfaserverstärktem Kunststoff. Zukünftig soll der Produktionsbereich auf Produkte für die Schacht- und Bauwerksanierung erweitert werden.
Guter Service ein Pluspunkt
Von dem FRP-Prolining-Service-Paket konnten sich Brunner und Prossliner persönlich vor Ort überzeugen. Bei einem Ortstermin zu Beginn der Rohrproduktion besichtigten sie gemeinsam das Werk in Neubrandenburg und ließen sich die Produktion und Kalibrierung der Rohre zeigen. Brunner: „Die Prüfung mit der Überschubschablone hat uns gezeigt, dass die GFK-Rohre genau den gewünschten Außen- und Innenabmessungen und damit unseren Planungen entsprachen. Der weiteren Rohrproduktion und dem Einbau stand ab da nichts mehr im Wege.“ Zusätzlich konnte Brunner vor Ort Materialproben entnehmen, mit denen ISAS extern die Einhaltung der Materialkennwerte überprüfen ließ. Auch dort überzeugten die Rohre.
Gut geplant ist halb saniert
Für die Umsetzung der Sanierung hatte Aarsleff von der Auftragsvergabe im Juni 2021 bis zur Fertigstellung etwa 10 Monate Zeit. „Ende September startete dann die Rohrproduktion und im Oktober haben wir mit den vorbereitenden Arbeiten begonnen“, so Prossliner. Dazu gehörte auch die Aufrechterhaltung der Abwasservorflut, die über eine aufgeständerte, oberirdische Heberleitung von einem Nachunternehmer realisiert wurde. Damit der Verkehr in dem Sanierungsbereich weiter fließen konnte, hatte diese eine lichte Höhe von 4,5 Metern. Darüber hinaus mussten auch verschiedene Leitungen (Gas, Wasser, Fernwärme), die durch den Altkanal führten, umgelegt werden. Von den vorhandenen 140 Anschlüssen sollten rund 50 ungenutzte stillgelegt werden, um das Kanalnetz zu entflechten. Diese mussten verschlossen und abgedichtet werden, sodass bei der abschließenden Ringraumverfüllung kein Mörtel darüber abfließen konnte. Auch die 90 verbleibenden Zuläufe mussten aus diesem Grund zum Altkanal hin abgedichtet werden. Im Dezember begann der Einbau der GFK-Rohre über zwei Baugruben. Hierfür kam ein eigens entwickelter Aarsleff-Fahrwagen zum Einsatz, der die Rohre hydraulisch anhebt und elektrisch betrieben in den Kanal eingefahren wird. Prossliner: „Ende Februar, in KW 9, waren wir mit dem Einbau und der Wiedereinbindung der Anschlüsse so weit fertig, dass die Dichtheitsprüfung erfolgen konnte.“ Ende März 2022 erfolgte dann die Abnahme des Kanals durch eine Begehung, bei der alle Muffen, Schachtanbindungen und Anschlüsse genau in Augenschein genommen wurden. Das Ergebnis war eine Abnahme des Kanals ohne Mängel!
Die reibungslose Teamarbeit zwischen allen Beteiligten, die akribische Planung und Festlegung der Rohrquerschnitte sowie die kurzen Wege in der Kommunikation untereinander, waren wichtige Bausteine der erfolgreichen Sanierung des Mischwassersammlers in Filderstadt. Ein nicht unwesentlicher Faktor waren die passgenau gefertigten und in ihrer Geometrie kalibrierten GFK-Rohre, die nach dem Rohrverlegeplan just in time von Neubrandenburg in den Süden Deutschlands geliefert wurden. Alle Beteiligten sind sich abschließend einig: Das war ein großartiges Projekt, das zeigt, was bei einer sorgfältigen Vorbereitung und einem optimalen Baustellenablauf Hand in Hand alles möglich ist.