Im Luftkurort Hilchenbach im Südwestteil des Rothaargebirges wird nicht nur Wert auf gute Luft und ein angenehmes Klima zur Förderung von Erholung und Gesundheit gelegt. Die Stadtwerke Hilchenbach richten ihren Fokus auch auf das Thema Abwasseraufbereitung. Herzstück hierfür sind die beiden Kläranlagen Ferndorftal und Lützel. Bei der größeren der beiden Anlagen, Ferndorftal, zeigte sich ein Renovierungsbedarf bei den Nachklärbecken. Die Stadtwerke Hilchenbach entschieden sich nach Abwägung verschiedener Verfahrensmöglichkeiten zunächst eins der sechs Becken mit GFK-Platten auskleiden zu lassen. Zum Einsatz kamen dabei Platten der FRP Prolining GmbH, Neubrandenburg, die von der Aarsleff Rohrsanierung GmbH (ARS), Niederlassung Köln/Bonn, eingebaut wurden. Dabei konnte die Kombination aus dem hochwertigen Material und der sorgfältigen sowie fachgerechten Ausführung in ihrer Qualität rundum überzeugen.
Sanierung ist nicht gleich Sanierung
Die in den 1960er Jahren gebaute und rund 30 Jahre später erweiterte und modernisierte Kläranlage Ferndorftal ist darauf ausgelegt, das anfallende Schmutz- und Niederschlagswasser von rund 40.000 Einwohnern zu reinigen. Zusätzlich wird hier das Sickerwasser der Abfalldeponie Winterbach mitbehandelt. Ein störungsfreier technischer Betrieb ist dabei genauso wichtig wie eine gute bauliche Substanz der einzelnen Anlagenteile. 2015 begannen die ersten Renovierungsmaßnahmen mit der Beschichtung zweier Rundbecken. „Mit den Mörtelbeschichtungen haben wir in den letzten Jahren unterschiedliche Erfahrungen gesammelt“, erläutert Stadtwerke-Mitarbeiter Gerhard Stockschläder, der das Projekt Nachklärbecken plante, die Ausschreibung erstellte und vor Ort betreute. Sowohl bei Instandsetzungen an der Kläranlage als auch im Zuge verschiedener Schachtsanierungen habe man festgestellt, dass ein gutes Beschichtungsergebnis von vielen unterschiedlichen Parametern abhängig ist, die nicht immer alle beeinflussbar sind. „Daher sanieren wir schon seit 2006 unsere Schachtbauwerke ausschließlich nur noch mit GFK-Platten-Auskleidung“, so Stockschläder weiter. Mit diesem Verfahren habe man bislang durchweg sehr gute Erfahrungen gemacht.
UV-Beständigkeit
Auf dieser Grundlage basierte die Entscheidung, bei den nächsten Sanierungsarbeiten an der Kläranlage Ferndorftal die Auskleidung mit den glasfaserverstärkten Kunststoffplatten zunächst bei drei kleineren, fünf mal fünf Meter großen Filterbecken anzuwenden. Diese Maßnahme gestaltete sich problemlos und brachte das gewünschte Ergebnis. Stadtwerke Betriebsleiter Heiner Wetz: „Als wir nun die Sanierung des Nachklärbeckens planten, waren wir uns zunächst nicht sicher, ob eine Auskleidung mit GFK-Platten bei einem so großen Becken mit einer Länge von 51 Metern und einer Breite von 7,70 Metern sowie einer durchschnittlichen Tiefe von 2,65 Metern mit den benötigten Dehnungsfugen technisch ebenso problemlos umsetzbar wäre.“ Fraglich war zudem, wie sich die Auskleidung bei einem unterschiedlichen Temperaturgefälle im Bereich der Wasserspiegellinie verhält. „Die GFK-Platten unterhalb der Wasseroberfläche sind durch das Abwasser einer relativ konstanten Temperatur ausgesetzt, während das Material oberhalb unmittelbar durch die Witterung beeinflusst wird. So könnten sich unter Umständen in diesen Übergangsbereichen Spannungsrisse bilden“, so Wetz weiter. Daher wurden bereits bei der Planung vordefinierte Dehnungsfugen berücksichtigt. Wichtig war in diesem Zusammenhang, dass die GFK-Platten im Gegensatz zu den Auskleidungen unterirdischer Schachtanlagen UV-beständig sind. Hierzu wurde eine gutachterliche Stellungnahme von einem unabhängigen Prüfinstitut erstellt.
Geprüfte Qualität
Durch die Zugabe eines Absorbers können Polyesterharze UV-stabil eingestellt werden, wie Jan Benad, Technische Leitung bei FRP Prolining erläutert: „Für Hilchenbach wurden die Platten im Format 1,20 Meter mal 2,50 Meter auf speziellen Laminiertischen hergestellt. Die Plattendicke betrug 5 Millimeter. Je nach Anforderungen können wir aber auch Platten ab einer Dicke von 1 bis 10 Millimeter und darüber hinaus produzieren.“ Ein als letzte Schicht aufgebrachtes Abreißgewebe dient als Schutzfolie für den Transport und das Handling auf der Baustelle bis zum abschließenden Coating der verlegten Platten. Alle Ausgangsmaterialen wie Trägermaterial, unterschiedliche Harze sowie Zusatzstoffe entsprechen den Qualitätsanforderungen für den Einsatz im Abwasserbereich und werden regelmäßig extern labortechnisch überwacht. Ebenso werden die FRP-Produkte physikalisch geprüft und unter anderem der E-Modul sowie die Biegefestigkeit bestimmt. „Wir können in der Produktion flexibel auf unterschiedliche Qualitätsansprüche und spezielle Kundenwünsche reagieren“, so Benad weiter. Auch sei es möglich, dass Auftraggeber und ausführende Unternehmen sich vor Ort direkt ein Bild über die Produktion des gesamten Portfolios machen können. Das reiche von nicht kreisrunden Profilen, Rohren, Schächten, innenliegenden Abstürzen, Schachtsanierungsbauteilen und Anschlusshülsen über unterschiedliche Formteile und Fittings bis hin zu den Platten für Auskleidungen und stehe jedem aus der Branche zur Verfügung.
830 Quadratmeter
Bevor die GFK-Platten verlegt werden konnten, standen umfangreiche Vorarbeiten an, die von den Aarsleff-Mitarbeitern professionell durchgeführt wurden. Nach einer gründlichen Hochdruckreinigung aller Betonoberflächen, erfolgte die Protokollierung aller vorhandenen Schäden. Hierzu zählten Betonausbrüche, freiliegende und korrodierte Bewehrung und an einer Stelle ein nasser Riss, wie sich Aarsleff-Bauleiter, NL Köln/ Bonn, Felix Heinz erinnert: „Den Riss haben wir mit einer Harzinjektion abgedichtet und die fehlenden Betonstellen mit Mörtel reprofiliert. Die freiliegende Bewehrung wurde entsprechend den Anforderungen der Betoninstandsetzung mit Korrosionsschutz beschichtet und die korrodierte Bewehrung ersetzt.“ Im Anschluss daran startete die Auskleidung mit den GFK-Platten, die sich an einigen Stellen als Puzzlearbeit gestaltete, wie Heinz erklärt: „Im Nachklärbecken sind verschiedene technische Einrichtungen installiert, unter anderem ein Bodenräumer für den Schlammabzug. Dazu kommen mehrere querverlaufende Ablaufrinnen mit Zackenwehren, über die das geklärte Abwasser in längsverlaufende Rinnen geleitet wird. Teilweise mussten wir die Platten daher beispielsweise im Bereich der Umlenkrollen für den Bodenräumer aussparen bzw. bei der Auskleidung der Ablaufrinnen in passende Elemente zuschneiden.“ So betrug die Breite der Querrinnen nur 50 Zentimeter und die Kronenbreite der seitlichen Wände lag bei lediglich 10 Zentimetern.
Die ebenen großen Flächen waren dagegen schnell montiert. Heinz: „Die Platten wurden nach einem festgelegten Raster verdübelt und festgeschraubt. Die Stöße wurden zusätzlich abgedichtet, verspachtelt und die gesamte Fläche dann händisch – nachdem das Abreißgewebe abgezogen war – überlaminiert. So erhält die Auskleidung die gewünschte dichte und resistente Oberfläche.“ Damit die Härtung des Handlaminats nicht negativ durch Regenfälle beeinflusst werden konnte, schützte ein Zelt die Arbeiten. Positiver Nebeneffekt: Die Aarsleff-Mitarbeiter waren gegen Sonneneinstrahlung geschützt.
Hand in Hand
Die Umsetzung aller Arbeiten überzeugte bei den Stadtwerken auf ganzer Linie, wie Stockschläder betont: „Die Qualität der Auskleidung ist hervorragend und hat unsere Erwartungen vollumfänglich erfüllt. Das Team vor Ort hat super zusammengearbeitet. Neben Aarsleff war ein Anlagenbauer für die technische Ausrüstung des Nachklärbeckens auf der Kläranlage tätig. Da hat jeder jedem geholfen, wenn mal Not am Mann war.“ So habe Aarsleff mal mit angepackt und umgekehrt. Auch das Betriebspersonal der Kläranlage stand im Bedarfsfall bereit und hat beide Unternehmen vor Ort bei ihren Arbeiten unterstützt. „Das lief alles sehr harmonisch“, resümiert Stockschläder.
Massen am Schreibtisch gezogen
Auch Heinz ist mit dem Ergebnis der Sanierung zufrieden: „Für uns war dieses Projekt mit einer Gesamtauskleidungsfläche von rund 830 m2 eine Besonderheit. Normalerweise renovieren wir Schachtbauwerke im Rahmen von Großprofilsanierungen mit GFK-Platten. Aber wir kennen die Eigenschaften der Platten und das Handling von unzähligen anderen Baumaßnahmen und so konnte ARS auch hier seine Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen.“
Dass Aarsleff die Maßnahme so gut im Vorfeld planen konnte, lag auch an den Ausschreibungsunterlagen, die die Stadtwerke Hilchenbach auf Grundlage der virtuellen Version der Kläranlage Ferndorftal zusammengestellt hatten. „Die Kläranlage wurde vor einiger Zeit komplett bis in jeden Winkel gescannt und durch Kamerabegehung erfasst. So können wir uns am Rechner imaginär in jeden Raum und in jedes Gebäude- oder Anlagenteil begeben und auch alle notwendigen Maße vom Schreibtisch aus erfassen. Einzelne 3D-Modelle ermöglichen darüber hinaus die Erstellung von Bauwerksschnitten, die sich wiederum in ein CAD-Programm exportieren lassen“, so Stockschläder. Und Wetz ergänzt: „An jedes einzelne Objekt lassen sich im Modell Informationen, beispielsweise zum baulichen Zustand, hinterlegen. Das Ganze ist webbasiert und somit orts- und zeitunabhängig nutzbar.“
Zu der Sanierung gibt es ein YouTube-Video der Stadtwerke Hilchenbach:
https://youtu.be/wMwhOXZmAfI